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Ehescheidung in der Türkei

In der Türkei ist die Ehescheidung (türk. Boşanma) umfassend im türkischen Zivilgesetzbuch (tZGB) geregelt. Das türkische Zivilgesetzbuch – und somit auch das Familienrecht – entstand im Jahr 1926 am Beispiel des Schweizerischen Zivilgesetzbuches.

Das bis dahin geltende Islamische Scheidungsrecht wurde damit offiziell aufgehoben. Das heutige tZGB sieht vor, dass die Ehe bei Bestehen von bestimmten Scheidungsgründen in Kraft tritt.

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I - Allgemeine Scheidungsgründe

I- Allgemeine Scheidungsgründe

Das Türkische Zivilgesetzbuch regelt die Zerrüttung als allgemeinen Scheidungsgrund. Im Rahmen des Art. 166 des Türkischen Zivilgesetzbuches wird in drei Fällen von einer Zerrüttung der Ehe ausgegangen, woraufhin eine Ehe geschieden werden kann. Wenn den Ehegatten die Fortsetzung des gemeinsamen Lebens nicht zugemutet werden kann; wenn die Eheleute sich vor dem Richter für die Scheidung einigen oder wenn die Eheleute 3 Jahre nach der Ablehnung einer Scheidungsklage nicht wieder zusammen kommen, liegt Zerrüttung vor. Im Folgenden gehen wir auf die drei einzelnen Zerrüttungstatbestände ein, um über den von einem türkischen Scheidungsanwalt in der Türkei meist angewandten Scheidungsgrund einen Überblick zu vermitteln.

1. Scheidung wegen Zerrüttung

Wenn eine Ehe zerrüttet ist, kann die Ehe geschieden werden. Für die Annahme des Zerrüttungstatbestandes muss die Ehe vor allem in ihrem Fundament zerrüttet sein. Das allein reicht aber nicht aus, die Scheidung auszusprechen. Es muss die eheliche Gemeinschaft in ihrem Fundament so zerrüttet sein, dass den Ehegatten die Fortsetzung des gemeinsamen Lebens nicht mehr zugemutet werden kann. Wenn der Beklagte Widerspruch erhebt und nachweist, dass er weniger Schuld an der Zerrüttung hat, wird der Scheidungsantrag abgelehnt. Für die Annahme der Zerrüttung der Ehe in ihrem Fundament ist erforderlich, dass zwischen den Eheleuten grundlegende Meinungsunterschiede bestehen. Es ist möglich, dass manchmal eine Zerrüttung der Ehe in ihrem Fundament auch vorkommt, ohne dass ein Ehepartner daran schuld ist.

2. Einverständliche Scheidung

Im türkischen Scheidungsrecht wird die Möglichkeit der einverständlichen Scheidung (Art. 166 Türkisches Zivilgesetzbuch) vorgesehen. Das türkische Zivilgesetzbuch betrachtet die einvernehmliche Scheidung als eine Erscheinung der Zerrüttung. Hier gilt die Vermutung, dass eine Ehe in ihrem Fundament zerrüttet ist, wenn die Eheleute über die Scheidung einig sind. Allerdings ist die einverständliche Scheidung nur bei Erfüllung bestimmter Voraussetzungen möglich.

  1.  Die Ehe muss mindestens ein Jahr gedauert haben.
  2. Die Ehepartner müssen den Scheidungsantrag zusammen stellen oder eine Partei muss dem Antrag der Gegenseite zustimmen.
  3. Beide Parteien müssen vom Richter gehört werden (deshalb müssen beide vor dem Gericht persönlich erscheinen).

3. Nicht-Wiederherstellung

Ein weiterer Zerrüttungstatbestand im türkischen Scheidungsrecht wird in Art. 166 IV des Türkischen Zivilgesetzbuches geregelt. Danach ist eine Ehe in ihrem Fundament zerrüttet, wenn innerhalb von 3 Jahren nach der rechtskräftigen Ablehnung eines Scheidungsantrags das gemeinsame Eheleben nicht wieder hergestellt worden ist. In diesem Fall wird die Ehe auf Antrag einer Partei ohne weiteres geschieden. Im Scheidungsverfahren nach 166 IV des Türkischen Zivilgesetzbuches wird ohne die Überprüfung, welches Verschulden von welcher Partei an dem Scheitern der Ehe größer ist, entschieden. In der Praxis wird in schwierigen Fällen vorgezogen, nach Ablauf der 3-Jahres-Frist.